Pfr. Martin Dubberke

Die Folgen einer schwindenden Erkenntnis Gottes

Zugrunde geht mein Volk, weil es ohne Erkenntnis Gottes ist.

Hosea 4,6

Der Satz bleibt hängen und geht so richtig rein, vor allem, wenn man in Brandenburg arbeitet, wo 80 Prozent der Menschen nicht Mitglied einer Kirche sind.

Aber die Frage, die sich immer wieder stellt, ist doch die, was passiert in einer Gesellschaft, in einer Welt, wo die Erkenntnis Gottes drastisch im Schwinden ist? Wie verändert das eine Gesellschaft?

Noch im gleichen Vers kommt gleich der nächste Hammer:

Weil du die Erkenntnis verworfen hast, will ich dich auch verwerfen, dass du nicht mehr mein Priester sein sollst. Weil du die Weisung deines Gottes vergessen hast, …

Gott macht seine Priester verantwortlich… Meine Herren, das ist echt starker Tobak. Ich denke da an eine ganz normale GKR-Sitzung, zu deren Tagesordnungspunkten immer die Feststellung der Kirchenaustritte gehören. Manchmal können das zwei oder auch mehr Seiten sein.

Das Kirchenvolk ist im Schwinden. Es ist im Schwinden, weil es ohne Erkenntnis Gottes ist, weil vor rund 84 Jahren in unserer Region ein Traditionsabbruch ohnegleichen stattgefunden hat. Mit Beginn des Nazi-Regimes fand eine Entkirchlichung statt, die in der DDR ihre Fortsetzung fand. Generationen von Menschen sind ohne Kirche, ohne Verbindung zum Glauben, ohne Erkenntnis Gottes aufgewachsen.

Können wir Pfarrerinnen und Pfarrer das noch stoppen? Können wir dem entgegenwirken? Ist das nicht schon fast eine unmenschlich anmutende Aufgabe? Ja! Gott mutet uns hier schon etwas zu. Aber das, was uns Gott zumutet, ist das womit uns Jesus beauftragt hat:

Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
Matthäus 28, 19 f
Mit diesem Befehl fühle ich mich schon wieder deutlich entspannter. Er beschreibt schon sehr klar meinen Auftrag: Lehren – Taufen – Lehren zu halten. Dem Lehren folgt die Erkenntnis Gottes, die dazu führt, sich taufen zu lassen. Die Taufe dahingegen bedeutet für mich aber nicht, dass mein Job mit der Taufe gemacht ist und ich nun in meiner Taufzielliste hinter dem Namen einen Haken machen kann, so nach dem Motto: Getauft! Erledigt! Und wieder die Einbürgerung eines Atheisten in das Kirchenvolk, in das Volk Gottes. Ganz im Gegenteil, nach der Taufe fängt meine eigentliche Arbeit an, nämlich zu lehren, das zu halten, was ich gelehrt habe. So gesehen, kommt mir dann gewissermaßen die Aufgabe eines Glaubens-Coaches zu. Ist auch ein netter Gedanke.
Deutlich wird und bleibt, dass ich – auch ohne Taufquote – mich mit meinem Handeln als Pfarrer vor Gott verantworten muss und mir immer wieder die Frage stellen muss oder gefallen lassen darf, ob ich mich noch an die Weisung Gottes halte oder wie es mit meiner Erkenntnis Gottes aussieht…